Geschichte

der Stadt Beilngries im Naturpark Altmühltal



Das untere Altmühltal stellt, wie zahlreiche Bodenfunde beweisen, einen der ältesten europäischen Siedlungsräume dar, dessen Ursprung bis weit in die Steinzeit zurückreichen. Der Name "Bilingriez" wie Beilngries bei seiner ersten urkundlichen Erwähnung am 1. November 1007 genannt wurde, deutet auf eine Siedlung in der Nähe der Altmühl hin. Der Genitiv des altdeutschen Personennamens Bilo heißt Biling. "Griez" oder "Gries" ist gleichbedeutend mit dem neuhochdeutschen Wort Grieß, also sandiges Flußgeröll. Das Wappen mit den zwei gekreuzten Beilen ist seit 1406 als Siegelbild bekannt. Das Recht zur Siegelführung ist ab 1378 nachweisbar. Dies setzt natürlich das Vorhandensein einer kommunalpolitischen Rechtseinheit voraus, deren Ursprung in einer kaiserlichen Schenkung gründet. Bischof Gebhard I. von Eichstätt erwirkte 1053 bei seinem kaiserlichen Gönner Heinrich III. für "Pilingriez" Markt- und Zollrecht. Der Bischof, ein gebürtiger Graf von Calw und spätere Papst Viktor II., war der Hofmeister des Kaisersohnes. Es überrascht daher nicht, wenn der Kaiser dem bischöflichen Vertrauten auch noch den kaiserlichen Bann für Beilngries verlieh. Damit war eine Enklave in der Grafschaft des Nordgaus geschaffen worden, in der der Bischof als Landesherr durch einen Vogt sogar Hochgericht ausüben konnte
Der in der Urkunde verwandte Begriff "mercatus" deutet darauf hin, daß es sich hier zunächst nicht um eine gemeinderechtliche Vorstufe im heutigen Sinne für die Stadterhebung handelte. Trotzdem wurde mit der Verleihung des Marktrechtes die Entwicklung eines Gemeinwesens eingeleitet, das für sich ab dem 15. Jahrhundert die Bezeichnung "Stadt" beanspruchte. Nachdem damit keine Änderung der kommunalen Rechtsstellung verbunden war, nahm die fürstbischöfliche Hofkanzlei nach reiflichem, jahrzehntelangem Abwarten diese eigenmächtige Stadterhebung widerspruchslos hin.
Der Kern der hochmittelalterlichen Siedlung ist bei der Stadtpfarrkirche St. Walburga zu suchen. Ihr Nordturm ist das älteste Baudenkmal in Beilngries. Auf Grund seiner spätromanischen Bausubstanz kann er mit der Kirchenweihe von 1308 in Verbindung gebracht werden. Er ist nicht identisch mit dem "Freihausturm", den die Stadt 1441 erwarb. Möglicherweise war jener Nachfolger einer Turmhügelburg bei einem fränkischen Königsgut, von dem später die vier uralten Höfe des Sand-, Stroh-, Ochsen- und Hafnerbauern abgetrennt wurden.
Im ausgehenden Mittelalter ist innerhalb der Bürgerschaft ein gewisser Wohlstand feststellbar. Als Beleg dafür möge unter anderen die Tatsache gelten, daß spätestens ab 1545 eine öffentliche Wasserversorgung vorhanden war, deren Unterhalt private Zuwendungen und von den Pachtgeldern der städtischen Fischtröge getragen wurde. Da die geistlichen Reichsfürsten in Eichstätt keine allzu aufwendige Hofhaltung und sich notgedrungen weitgehend aus nationalen Handeln heraushielten, war unter dem Krummstab verhältnismäßig gut leben.
Freilich verhinderte dies nicht, daß auch Beilngries in Kriegswirren hineingezogen wurde. Die Erwähnung der Torschmiede beim unteren Tor und eines Gartens vor dem oberen Tor beweist, daß Beilngries bereits 1407 mit einer Mauer umgeben war. In den folgenden Jahren wurde die Sicherheit wohl durch einen Wassergraben erhöht, denn im bischöflichen Zinsbuch findet sich 1447 der Eintrag: "Der Graben um Beilngries gehört den Herren von Eichstätt". Im Bauernkrieg 1524 hielten die Wehranlagen den angreifenden Bauern - dem "Obermässinger Haufen" - stand, während das nahe Kloster Plankstetten ausgeraubt und zerstört wurde. Sicherlich trug schon allein die Tatsache einer Befestigung viel dazu bei, daß die Stadt während des Schmalkaldischen Krieges 1546 und in den folgenden kriegerischen Auseinandersetzungen verschont blieb. Verhandlungsgeschick, das rechte Augenmaß für die eigene Stärke und rasches situationsgerechtes Handeln bewahrten Beilngries vor schwerer Plünderung oder gar Brandschatzung.
Die Beilngrieser wehrten sich 1633 erfolgreich gegen eine schwedische Reiterabteilung von etwa 300 Mann. Als jedoch Tage später Herzog Bernhard von Weimar mit der Hauptmacht erschien, wurde die Stadt kampflos übergeben. Vorausgegangen waren monatelange Verhandlungen mit "Barholome Herrn von Zerotin, der schwedischen Garnisonen im Stift Eystett commendant". Offenbar hatten sich die Beilngrieser geschickt einer Hinhaltetaktik bedient, denn Herzog Bernhard führte an dem denkwürdigen 19. Mai keine Strafaktion durch, obwohl Zerotin am 19. April des Jahres von Ornbau aus, vergebens Bürgermeister und Rat "Nochmalige ernstlich ermahnt ... sich mit mir wegen der Contribution zu vergleichen". Im Gegenteil, Beilngries besitzt heute noch den Schutzbrief des schwedischen Heerführers, des jeglichem Kriegsvolk Brandschatzung oder Plünderung in Beilngries verbot.
Als 1648 die Friedensglocken das Ende der 30jährigen Schreckenszeit verkündeten, war Beilngries zwar weder gebrandschatzt noch geplündert, aber restlos "ausgesaugt". Es dauerte fast ein halbes Jahrhundert, ehe sich Gewerbe und Landwirtschaft wieder erholten. Die tatkräftige Unterstützung des Landesherrn wird gleichsam mit der Stiftung des Hochaltars durch Fürstbischof Johann Euchar beim Neubau der Pfarrkirche in den Jahren 1693-1695 dokumentiert.


Beilngries im Altmühltal Aquarell von J. Vogel 1808


Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts blieb nun Beilngries von Kriegswirren und Katastrophen verschont. Erst die französischen Revolutionskriege lösen wieder anhaltende Notzeiten aus. Die Schusterrechnung für die Neubesohlung von 300 Paar französischen Stiefeln erscheint kaum erwähnenswert, zieht man zum Vergleich die "Tafelschulden" des französischen General D´ Essangn heran. Das wohllöbliche Oner- und Kastenamt übergibt "der löblichen Stadtmagistrat niedergesetzten bürgerlichen Debitkommission" folgende "Französische Kriegs Unkosten Rechnung de dato 7. August 1802": Ausgaben für die Tafel des Herrn Generals und dessen Gefolge 7.276 Gulden, 19 Kreuzer, 2 Pfennig, als persönliche Gabe an den General 1.086 Gulden, für dessen Adjutanten 88 Gulden. Weiter erhielt der Koch 20 Gulden, der französische Hufschmied 22 Gulden, der Jäger des Generals 8 Gulden 15 Kreuzer, der Dolmetscher 24 Gulden 54 Kreuzer und der Koch des Obristen Cochois 11 Gulden. Ferner waren beim Trinkstubenverwalter in Eichstätt Zechschulden in Höhe von 470 Gulden 19 Kreuzer zu begleichen. Will man das Ausmaß dieser Schuldenlast von 900 Gulden ermessen, daß die Stadt Beilngries beispielsweise ihren Haushalt 1814-1815 mit 1.421 Gulden Einnahmen und 1.450 Gulden Ausgaben veranschlagt.
Das Kurfürstentum Bayern hatte bereits am 25. August 1802 die Residenzstadt Eichstätt mit drei Kompanien besetzt und den Fürstbischof Joseph I. Graf von Stubenberg zur Abdankung gezwungen. Dem vorzeitigen Griff in die fürstbischöflichen Kassen folgte 1803 die Übergabe fast des gesamten Hochstiftes an den Salzburger Kurfürsten Erzherzog Ferdinand. Er erhielt das Kernstück des ehemaligen Fürstbistums Eichstätt aufgrund des Reichsdeputationshauptschlusses als Entschädigung für seinen Verlust des Großherzogtums Toskana. 1805 wurden aus den salzburgischen wieder bayerische Untertanen. Nun "durften" sich auch die Beilngrieser bis 1812 spürbar an den "vaterländischen Verpflichtungen" beteiligen. Kurzum, mit dem Ende des napoleonischen Zeitalters war das hiesige Gebiet hoffnungslos verarmt. Es dauerte fast eine Generation, bis sich wieder Ansätze einer finanziellen Gesundung zeigten.
Einen bedeutenden Anteil am wirtschaftlichen Aufschwung hatte die 1811 wiedererrichtete Schranne. Die Wiegegebühren aus dem Getreidehandel füllten allmählich den Stadtsäckel. Ferner war 1848 "der hiesigen Stadtgemeinde allerhöchst gestattet worden", am zweiten und vierten Dienstag eines jeden Monats einen Viehmarkt abzuhalten. Die große wirtschaftliche Bedeutung wird um die Jahrhundertwende durch den jährlichen Auftrieb von durchschnittlich knapp 3.000 Stück Großvieh belegt.
Vergeblich suchte der hiesige Magistrat 1858 in Verbindung mit den Städten Neumarkt und Berching die Führung der geplanten Bahnstrecke Nürnberg - Ingolstadt über Beilngries zu erreichen. Die Anbindung an das Schienennetz erfolgte 1887 über eine Lokalbahn nach Neumarkt. Auch der Ludwig-Donau-Main-Kanal Ludwigs I. brachte nach seiner Eröffnung 1846 nicht den erhofften wirtschaftlichen Erfolg. Im Beilngrieser Kanalhafen wurde neben landwirtschaftlichen Erzeugnissen vor allem Holz geladen.
Die Gebietsreform von 1972 brachte den Verlust des Landratsamtes und weiterer Behörden. Im September 1992 erfolgte bei Beilngries der Durchstich der Main-Donau-Kanaltrasse. Damit war der Wasserweg vom Schwarzen Meer zur Nordsee freigegeben.